Generalmajor Dr. Rieks zu Besuch im AvH
Die Vorbereitungen waren intensiv und erfolgreich. Dann kam der große Tag. Im Rahmen des Unterrichts erwartete der Religionskurs der Q2 von Frau Hansen am Donnerstag, den 1. Dezember 2016, den Besuch des Generalmajors Dr. Ansgar Rieks, Amtschef des Luftfahrtamts der Bundeswehr.
In den Wochen zuvor beschäftigten wir uns ausführlich mit der in der Bergpredigt geforderten Ethik. In diesem Zusammenhang stellten wir uns die grundlegende Frage, ob die Ethik der Bergpredigt für die Politik als Orientierung fungieren könne. Zum Abschluss der Unterrichtseinheit beschlossen wir, Herrn Dr. Rieks zu einer Diskussion über dieses Thema einzuladen, in der Hoffnung, er könne uns dank seiner militärischen Führungsfunktion und der damit verbundenen beruflichen Erfahrung entscheidende Fragen beantworten.
Zu Beginn der Doppelstunde gewährte der Generalmajor Einblicke in seine konkrete berufliche Tätigkeit. Anschließend hielt er einen informativen Vortrag, unter anderem zum Thema „Soldaten im Einsatz“. In seinem Vortrag setzte er sich mit der Fragestellung „Was ist wie zu verteidigen?“ auseinander. Hierbei nahm Dr. Rieks Bezug auf die politische sowie christliche und kirchliche Ethik. Ein Soldat sei nicht nur ein Kämpfer, sondern auch ein Helfer in Kriegsregionen und ein Diener der Sicherheit und Freiheit der Völker. Im staatlichen, gesellschaftlichen und humanitären Interesse verteidige er demokratische und christliche Werte, um Frieden zu schaffen. Selbstkritisch betonte Dr. Rieks in diesem Kontext, dass allein der Einsatz militärischer Mittel keinen gerechten Frieden erzielen könne.
Doch was bedeutet überhaupt Gerechtigkeit? Nach dem Philosophen Immanuel Kant beruht Gerechtigkeit auf der Autonomie und Freiheit des Individuums, die durch das Recht wiederum begrenzt sind. Unter Berufung auf die Gewissensfreiheit hat beispielsweise ein deutscher Soldat das Recht, seinen Militärdienst im Falle ethischer Interessenkonflikte zu verweigern. Im Vergleich zu anderen Ländern stellt dies jedoch eine Ausnahme dar. Dort eröffnet die Gewissensfreiheit Soldaten keine Entscheidungsspielräume.
Durch diesen spannenden Vortrag veranlasste uns Dr. Rieks zum Reflektieren über grundlegende ethische Aspekte. Im Anschluss gab er uns die Möglichkeit, mit ihm in den Dialog zu treten. Unter anderem stellten wir die Frage, inwiefern die Bergpredigt mit dem Handeln und dem Gewissen eines Soldaten in Einklang gebracht werden könne. Der Generalmajor vermittelte uns seine Perspektive und erklärte, dass „die Bergpredigt in uns gültig ist und somit auch in einem Soldaten“.
Im Laufe der Diskussion beantwortete Dr. Rieks weitere Fragen und erwiderte oftmals mit Gegenfragen, die so zu interessanten Denkanstößen führten. Leider reichte die Zeit nicht aus, um manche Aspekte ausführlicher zu diskutieren.
Nachdem sich unsere Kurssprecher im Namen des ganzen Kurses bei Dr. Ansgar Rieks herzlich bedankt hatten, verließen alle in Gedanken versunken und nachhaltig beeindruckt die Schule.
Dem Amtschef des Luftfahrtamts der Bundeswehr sind wir sehr dankbar, dass er sich die Zeit genommen und sich differenziert mit uns über die Bergpredigt auseinandergesetzt hat. In einer außergewöhnlichen Unterrichtsatmosphäre eröffnete uns Dr. Rieks besondere Perspektiven, die für uns eine enorme Bereicherung darstellten.
Aufgrund dieses nachhaltigen Eindrucks drängen sich immer wieder Aspekte auf, die uns wiederum zu neuen Fragen leiten. Wird die Bergpredigt auch in Zukunft Einflüsse auf politische Entscheidungen nehmen? Sind die Forderungen jesuitischer Ethik heute noch für unsere Gesellschaft bedeutsam?
Isabelle Kunze, Q2